Warum gute Boxen allein nicht reichen
München – Für satten Sound daheim geben viele Menschen gerne etwas mehr Geld aus. Home-Audio-Produkte im Wert von mehr als 1,1 Milliarden Euro sind 2018 in Deutschland verkauft worden, wie aus dem
Home Electronics Markt Index Deutschland (HEMIX) hervorgeht.
Doch ob sie gut klingen, dafür ist nicht allein die Güte der Anlagen, Komponenten und Lautsprecher verantwortlich. Ein wichtiger Punkt ist die Platzierung der Boxen. «Man hört kein Stereo, wenn man sich nicht um die Aufstellung kümmert», fasst Ralph Werner, Herausgeber des Online-Hi-Fi-Magazins «Fairaudio», zusammen. Klangcharakter und Präzision der Musikwiedergabe seien davon deutlich beeinflusst.
Großer und luftiger Klangraum
Es gebe klare Grundregeln: Stehen die Boxen etwas weiter voneinander entfernt, werde das Klangbild luftiger und leichter. Seien sie näher beieinander, wirkten Stimmen in der Mitte solider und körperlicher. «Hier darf der persönliche Geschmack entscheiden», meint der Experte.
Dasselbe gilt für die Ausrichtung. Sind die Lautsprecher parallel abstrahlend ausgerichtet, werde der Klangraum größer und wiederum luftiger, so Werner. Richtet man die Boxen dagegen auf die Ohren aus, entstehe eine höhere Abbildungspräzision, die Verteilung von Stimmen und Instrumenten im Klangraum werde eindeutiger. Eventueller Nachteil: Höhen könnten aggressiv überspitzt aufspielen.
Lautsprecher «übereinwinkeln»
Malte Ruhnke, Chefredakteur der Fachzeitschrift «Stereoplay», gibt einen zusätzlichen Tipp: Man könne die Lautsprecher «übereinwinkeln», sodass sich die Schallwege der beiden Boxen vor der Hörposition kreuzen. Effekt: Die Höhen werden wieder weicher, die Abbildungspräzision wird dennoch gefördert.
Bei der Grundaufstellung müssen Hi-Fi-Fans deutlich weniger experimentieren. Hoch- und Mitteltöner sollten möglichst in Ohrhöhe platziert sein, Lautsprecher und Zuhörer als Punkte stets ein gleichseitiges Dreieck bilden.
Der Abstand vom Hörerplatz zu den Boxen sollte nicht zu groß sein, empfiehlt Ruhnke: «Der richtige Hörabstand zu den Boxen beträgt bei den meisten Kombis zwischen zwei und zweieinhalb Metern, nicht mehr.» Dann falle das Klangbild «dynamischer, neutraler und klarer» aus.
Eine Frage der Platzierung
Beide Fachleute erwähnen außerdem den Abstand zu den Wänden hinter und neben den Lautsprechern. Stehen sie zu nah an der Wand könne der Bass überbetont werden. Idealabstände nennen sie nicht, da diese von den Boxenmodellen abhingen. Bassschwächere Varianten profitieren unter Umständen sogar von einer nahen Platzierung, so Werner.
Ein Faktor, dem die Spezialisten hohe Bedeutung beimessen, ist die Raumakustik: «Sie ist so wichtig wie das Lautsprechermodell», betont Werner und führt aus: «Ein normal eingerichtetes Wohnzimmer ist eine gute Grundlage.» Ein nüchterner Einrichtungsstil mit viel Fensterfläche sei dagegen eher problematisch.
Zu viel Raumhall
Ruhnke präzisiert dies weiter: «Sogenannte schallharte Flächen produzieren zu viel Raumhall, die Hi-Fi-Wiedergabe klingt dann diffus, aggressiv, scheppernd oder schrill.» Wände, Fenster oder Tische, die zwischen Lautsprecher und Hörer stehen, zählten hierzu.
Stoffe, Teppiche und Ähnliches dagegen dämpften den Schall, insbesondere die Höhen. Für den Mitteltonbereich seien Polstermöbel als Schallschlucker geeignet. Werner hält voluminöse, L-förmig in den Raumecken angeordnete Sofas für hervorragende Bassschlucker, wenn es zu sehr dröhnt. Falls doch eine Wand direkt hinter dem Hörerplatz ist, rät er, dort ein etwas breiteres Bücherregal zu platzieren.
Schall in Portionen
Letztlich dient eine passende Zimmereinrichtung als das, was Profis sonst aufwendig und zum Teil kostspielig extra anfertigen: Diffusoren, die den Schall in Portionen teilen und im Raum streuen. Diese Rolle erfüllen alle aufgerauten und unregelmäßigen Strukturen, etwa ein Bücherregal, Stoffbilder oder eine größere Stehpflanze. Und Absorber wie schwere Vorhänge oder Gardinen, die dem Schall Energie nehmen – was die Musik gedämpfter und Bässe präziser wirken lässt.
Ruhnke fasst zusammen: «Es kommt auf ein gesundes Verhältnis von Absorption, Reflexion und Diffusion an.»
Fotocredits: Florian Schuh,Florian Schuh,Gero Gröschel
(dpa/tmn)