Flirten auf Dating-Portalen – Das Geschäft mit Fake-Profilen

By on 19. April 2017

Berlin – Die große Liebe hat Philipp auf dieser Dating-Seite dann doch nicht gefunden. Nicht mal einen echten Flirt. Stattdessen wurde der 27-Jährige, der eigentlich anders heißt, seinen Namen aber nicht in der Zeitung lesen möchte, hinters Licht geführt.

Unzählige Fake-Profile täuschen im Internet einen heißen Chat vor. Der prominenteste Fall in Deutschland ist das Flirtportal
Lovoo. Gegen den Anbieter aus Dresden wurde vor einigen Jahren ermittelt, weil er Männer mit falschen Frauen-Profilen dazu verleitet haben soll, kostenpflichtige Leistungen in Anspruch zu nehmen.

Philipp wurde von einer attraktiven Tinder-Nutzerin auf die Plattform x2love.de gelockt – hat dann aber ziemlich schnell gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Ihn habe überrascht, dass die Antworten – auch nachts – meist innerhalb weniger Minuten kamen, schreibt er der Deutschen Presse-Agentur per E-Mail. Außerdem habe ihn die Vielzahl an Frauen verwundert, die ihn anschrieben. Einige hätten ihm übertrieben geschmeichelt, so gut wie immer hätten sie Fragen gestellt und ihn zu weiteren Nachrichten animiert. Nach zwei Tagen wurde er misstrauisch, recherchierte – und weiß heute: Seine Bekanntschaften waren gefaked, er hat mit sogenannten Moderatoren gechattet.

Dabei stehen Philipps Erfahrungen längst nicht für die gesamte Branche. Die meisten Dating-, Flirt- und Partnervermittlungen arbeiten ohne Fakes – und haben schon zu manchem Liebesglück verholfen. «Natürlich gibt es eine Vielzahl seriös arbeitender Partnerbörsen», sagt Frithjof Jönsson von der Verbraucherzentrale in Berlin. Und Pamela Moucha von singleboersen-vergleich.de betont: «Fake-Profile werden bei den großen Anbietern relativ schnell aussortiert.» Diese hätten wenig Interesse daran, das Vertrauen der Nutzer zu verspielen.

Aber was tun diese Moderatoren eigentlich? Sie legen sich etliche Schein-Identitäten zu, unterlaufen seriöse Portale und sollen die Singles im Auftrag der Betreiber auf die eigene Plattform locken, wie Moucha sagt. Dort sollten sie möglichst lange mit den Nutzern chatten. Bei vielen Plattformen ist die Anmeldung zwar kostenlos, alle weiteren Dienste gehen jedoch ins Geld. Die Währung sind sogenannte Coins; bei x2love.de etwa gibt es 85 Coins im «Schnupper-Packet» für 14,99 Euro. Das Senden einer Nachricht kostet fünf Coins – in diesem Fall also knapp 90 Cent. Im «Premium Pack XXL» gibt es 3500 Coins für 499,99 Euro.

Viele Anbieter weisen zwar auf die Moderatoren hin, verstecken den Hinweis aber in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen: «Bei x2love.de handelt es sich um einen moderierten Dienst. Die Moderation dient dazu, die Aktivitäten über das Portal und damit die Umsätze des Betreibers zu erhöhen», heißt es. Und weiter: «Es ist davon auszugehen, dass es sich bei sämtlichen weiblichen Profilen um fiktive Profile handelt, die von Moderatoren betrieben werden.»

Andere Anbieter haben ähnliche Klauseln. Bei
Love-passions.de heißt es, «dass es sich bei dem überwiegenden Anteil an Profilen um fiktive Profile handelt». «Die Moderation dient dazu, die Aktivitäten über das Portal und damit die Umsätze des Betreibers zu erhöhen.» Lustflirter.com schreibt von Controllern, die Gespräche auch bei zeitweisem Mangel an anderen Chat-Teilnehmern ermöglichen und die Einhaltung von Teilnehmerpflichten gewährleisten sollen.

Was also können die Nutzer von diesen
Plattformen erwarten?
Lustflirter wirbt mit heißen Flirts und «Singles aus deiner Nähe», Love-passions nur mit Spaß. Auf Anfrage stellt ein Sprecher von Love-passions klar, man verstehe sich nicht als Dating-, sondern als Unterhaltungs- und Chat-Plattfornm. «Das Ziel der Seite ist es, Menschen zu unterhalten.» Der Anteil moderierter Profile liege bei rund acht Prozent.

x2love.de hingegen verspricht auf der Webseite «hohe Erfolgschancen». Auf der Homepage lächelt sich ein Pärchen verträumt an, daneben steht: «Wir haben uns bei x2love kennengelernt und sind überglücklich.» Der Betreiber von
x2love.de ist die Triamediaworx Unternehmensgesellschaft. Nach mehreren Anfragen per Mail wollte sich niemand zur Sache äußern. Stattdessen wurden im Fall etwaiger Berichterstattung juristische Schritte angedroht. Die Macher von Lustflirter reagierten gar nicht auf eine Anfrage.

Überglücklich ist Philipp nicht geworden. Stattdessen habe er rund 50 Euro ausgegeben – und etwas gelernt: Man müsse realistisch bleiben, schreibt er.

Aus Verbrauchersicht ist das Vorgehen der Anbieter fraglich. Jönsson von der Verbraucherzentrale meint, mit derlei Klauseln müsse der Kunde nicht rechnen. «Es geht letztlich um die Abzocke der Verbraucher.»

Die Verantwortlichen bei Lovoo geben sich einsichtig. «Fake-Profile sind eine Gefahr für die Glaubwürdigkeit von Dating-Apps. Sie führen zu einer großen Enttäuschung bei Nutzern und auf Dauer zu Misstrauen gegenüber einer ganzen Branche. Wir haben diese Erfahrung direkt gemacht», sagt ein Sprecher. Die Dresdner haben aus diesen Erfahrungen gelernt – und ihre Fakes gelöscht. Die Ermittlungen gegen die Anbieter wurden gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.

Von Spam bis Scam – Die schwarzen Schafe auf dem Online-Dating-Markt

Mogelei auf Dating- und Flirt-Portalen im Internet ist vielfältig. Im Laufe der Jahre gab es verschiedene Maschen – fast immer geht es ums Geld. Eine Auswahl:

WERBE-FAKES: Geschäftemacher missbrauchen meist kostenlose Kontaktbörsen, um mit gefälschten Profilen für die eigene – kostenpflichtige – Plattform zu werben. Mit diesem Spam sollen neue Nutzer – also Umsatz – generiert werden.

EIGENE FAKES: Manche Plattformen engagieren Moderatoren, die etliche Fake-Profile erstellen. Damit sollen sie dann möglichst viele – kostenpflichtige – Nachrichten mit den Nutzern austauschen. Auf Dauer geht das für die Opfer ganz schön ins Geld.

ROMANCE-SCAM: Vor einigen Jahren sorgten sogenannte Love- oder Romance-Scammer für Aufsehen. Vornehmlich Männer täuschten die große Liebe vor. Die Polizei warnt, die Scammer legten sich ungewöhnliche Lebensgeschichten zu und hinterließen einen seriösen Eindruck. Ihre Profilbilder seien gestohlen, die Männer säßen meist in Westafrika. Sie «schaffen es, sich im täglichen Leben ihrer Opfer unverzichtbar zu machen – und zwar ohne ein einziges Treffen». Irgendwann würden die Opfer gebeten, per Bargeldtransfer Geld zu senden. «Die Liebe wird in solchen Bettelmails immer stark hervorgehoben.»Mogelei auf Dating- und Flirt-Portalen im Internet ist

vielfältig. Im Laufe der Jahre gab es verschiedene Maschen – fast

immer geht es ums Geld. Eine Auswahl:

Fotocredits: Arno Burgi
(dpa)

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