Speicherfresser: Bloatware auf dem Smartphone entschärfen

By on 5. Mai 2017

Frankfurt/Göttingen – Mails schreiben, Freunde kontaktieren, einkaufen oder spielen: Zum Alleskönner wird ein Smartphone erst durch seine Apps. Häufig können Nutzer aber nicht frei wählen, welche Anwendungen auf ihrem Telefon installiert sind.

Denn viele Smartphones sind beim Kauf bereits mit Apps vollgestopft. Manche davon sind schlicht von zweifelhaftem Nutzen, andere können gefährlich sein. Einfach löschen lassen sie sich aber nicht. Warum gibt es solche vorinstallierten Apps? «Da geht es um Differenzierung und Kundenbindung», erklärt Mark Schulte, Analyst beim Marktbeobachter IDC. «Die Hersteller versuchen, ihren Kunden Add-Ons mit Mehrwert für die tägliche Nutzung zu bieten und sich so etwas abzuheben.» Ob das den Unternehmen immer gelingt, ist fraglich. «Im Geschäftskundenbereich gibt es da schon sinnvolle Anwendungen», sagt Schulte. «Gerade im Privatkundenbereich fragen sich viele Kunden aber sicher eher: Brauch ich das wirklich?»

Vorinstallierte Apps für den Kalender, E-Mails oder Börsenkurse dienen außerdem dazu, den Nutzer im eigenen Ökosystem zu behalten – vor allem bei Apple, aber auch bei anderen Herstellern. Je mehr er sich an bestimmte Anwendungen gewöhnt, desto eher kauft er später ein neues Smartphone mit den gleichen Apps, so das Kalkül. Hinzu kommt die Datenfrage: «Der Hersteller weiß aus den Apps mehr über seine Kunden und kann das dann für gezielte Angebote nutzen, das ist auch ein Hintergedanke», erklärt Schulte.

Allerdings ist nicht jedes Smartphone gleichermaßen vollgestopft mit Apps. «Da gibt es schon Unterschiede zwischen den Herstellern», sagt Alexander Kuch vom Telekommunikationsportal «Teltarif.de». «Samsung und Asus machen da zum Beispiel sehr viel, Huawei neuerdings auch.» Neuere Marken wie BQ aus Spanien und OnePlus oder Oppo aus China halten sich laut Kuch dagegen sehr zurück.

Groß ist auch die Bandbreite der Apps – angefangen bei Anwendungen vom Hersteller selbst, mit denen sich das Smartphone zum Beispiel mit einer Smartwatch aus dem gleichen Stall synchronisieren lässt. «Darunter sind auch sinnvolle Apps», sagt Kuch. «Aber es gibt eben auch Sachen, die wirklich nur Werbung sind.» Und manche Apps sind sogar komplett nutzlos: Der Messenger ChatOn etwa ist auf vielen Smartphones noch installiert, erzählt Kuch – obwohl der dazugehörige Dienst längst eingestellt wurde.

Andere Apps funktionieren zwar wie versprochen. Sie zu nutzen ist aber trotzdem nicht die beste Idee – weil sie sich zu viele Zugriffsrechte genehmigen und zu viele Daten sammeln oder weil es schlicht bessere Alternativen gibt. Eine Liste solcher
Alternativ-Apps für Android gibt es beim Portal «Mobilsicher.de»: Die Experten empfehlen zum Beispiel AnySoftKeyboard als Tastatur, LeafPic zum Organisieren von Bildern oder AndrOpen Office.

Wer solche Alternativen nutzt, kann die vorinstallierten Apps in der Regel aber trotzdem nicht einfach löschen. «Bei Samsung ist es auf neueren Geräten möglich, zumindest die reinen Werbe-Apps zu deinstallieren», sagt Kuch. «Das ist aber eher die Ausnahme.» Und das ist nicht nur nervig, etwa weil die Apps Speicherplatz fressen und das Startmenü zumüllen – es ist auch ein Sicherheitsproblem.

Schließlich ist eine App, die garantiert auf vielen Smartphones installiert ist, ein besonders lohnenswertes Ziel für Hacker, warnt «Teltarif.de». Und im Extremfall kann es sogar passieren, dass Bloatware wichtige Updates verhindert. «Wir hatten schon den Fall, dass auf Smartphones mit kleinem Speicher wegen solcher Apps nicht mehr genug Platz war, um Patches herunterzuladen», sagt Kuch.

Dauerhaft loswerden lassen sich vorinstallierte Apps unter Android nur mit dem sogenannten Root-Zugriff, an den sich nur erfahrene Nutzer heranwagen sollten. Allen anderen bleibt nur, die Apps abzuschalten. Das geht in den Einstellungen beim Menüpunkt «Apps» oder «Anwendungen». Hier lassen sich Apps entweder «deinstallieren» oder – bei vorinstallieren Apps – «deaktivieren».

Damit läuft eine App nicht mehr im Hintergrund und wird im Android-Startmenü nicht mehr angezeigt. Allerdings liegt sie immer noch auf dem Smartphone und belegt weiter Speicherplatz. Eine ähnliche Option gibt es auf dem iPhone erst seit dem Update auf iOS 10:
Standard-Apps wie FaceTime oder iBooks lassen sich damit erstmals vom Homescreen entfernen. Das funktioniert wie eine normale App-Löschung, versteckt das Programmsymbol aber nur.

Fotocredits: Andrea Warnecke
(dpa/tmn)

(dpa)

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert