Google Wifi im Test: WLAN auch im letzten Winkel der Wohnung
Berlin – Das Funkloch in den eigenen vier Wänden nervt. Wer nicht in einer Einzimmerwohnung oder einem überschaubaren Apartment lebt, kennt die Situation.
In der Nähe des WLAN-Routers, der oft in der hintersten Ecke der Wohnung versteckt ist, fließen die Daten noch flüssig. Doch wenn man mit Laptop, Tablet oder Smartphone schon ein oder zwei Zimmer weiter sitzt, lahmt das WLAN. Webseiten laden quälend langsam, Videostreams stocken.
Abhilfe gab es bislang mit einem sogenannten WLAN-Repeater, der die Reichweite des Netzwerks verlängert. Dabei werden die Signale des Routers quasi als Zwischenstation empfangen und dann an den eigentlichen Empfänger weitergereicht.
Das Repeater-Verfahren hat allerdings zwei gravierende Nachteile. Zum einen wird für die Verbindung zwischen Basis und Repeater dieselbe Funkverbindung verwendet wie für das eigentliche WLAN. Das bremst das gesamte Netzwerk spürbar aus. Zum anderen funktioniert bei Mobilgeräten die Übergabe zwischen Basis und Repeater häufig nicht ordentlich. Hat sich beispielsweise ein Tablet einmal mit dem Repeater verbunden, bleibt das meist so, auch wenn es sich mittlerweile ganz in der Nähe der Basisstation befindet und von dort eine wesentlich schnellere Verbindung möglich wäre.
Google bringt nun einen WLAN-Router auf den Markt, mit dem beide Nachteile beseitigt werden. Zum einen kann Google Wifi ein sogenanntes vermaschtes Netz (Mesh) aufbauen, bei dem sich die Höchstgeschwindigkeit auch im letzten Winkel der Wohnung erreichen lässt. Im Praxistest konnte in einem Schlafzimmer, das zuvor mit einem normalen WLAN-Router kaum erreichbar war, die Geschwindigkeit eines Kabel-Anschlusses voll ausgeschöpft werden. Dazu mussten in der Altbau-Wohnung zwei Google-Geräte aufgestellt werden. Um auch ein Arbeitszimmer am anderen Ende der Wohnung gut zu versorgen, war ein dritter Zugangspunkt notwendig.
Google Wifi wird per App (
iOS/
Android) eingerichtet. In unserem Test haben wir am Router zunächst das eingebaute WLAN deaktiviert und dann das erste Google Wifi angeschlossen. Das Google-Gerät kann den vorhandenen Router nicht komplett ersetzen, weil es kein eigenes Modem für die eigentliche Internet-Verbindung via DSL oder Kabel hat. Die Einrichtung des Mesh-Netzwerks fällt leicht, weil die App den Anwender durch alle notwendigen Setup-Schritte führt.
Google Wifi löst im Test zwei Versprechen ein: Zum einen werden tatsächlich alle WLAN-Funklöcher in der großen Wohnung beseitigt. Zum anderen funktioniert auch das versprochene Roaming, also der nahtlose Übergang von einem Gerät zum anderen, während man sich durch die Wohnung bewegt.
Damit das Netzwerk dauerhaft flott bleibt, überprüft Google Wifi alle fünf Minuten die Belegung der Funkkanäle in der Umgebung. Sollte beispielsweise ein Nachbar ein drahtloses Netzwerk aus derselben Frequenz installiert haben, wird auf weniger belegte Kanäle gewechselt. Bei Google Wifi muss man sich auch nicht vorab entscheiden, welches Frequenzspektrum (2,4 GHz oder 5 GHz) man gerade nutzen möchte. Das System übernimmt dies automatisch.
Sollte das Daten-Nadelöhr nicht aus dem WLAN, sondern dem Internetanschluss selbst bestehen, bietet Google ein interessantes Feature, um mit den Tücken des Alltag klarzukommen. So kann man in Google Wifi bestimmte verbundene Geräte bevorzugen. Etwa damit der Videoanruf ohne Ruckler über die Bühne geht, auch wenn der Nachwuchs gleichzeitig HD-Filme streamt. Manche Eltern werden auch die Funktion begrüßen, dass man das Heimnetzwerk pausieren lassen kann, wenn es Zeit für das Abendessen oder zum Schlafen ist.
Bei allen Vorteilen, die Google Wifi bietet, gibt es aber auch Beschränkungen. Da in dem gängigen Szenario der Google-Wifi-Router hinter einem zweiten Router (Provider-Modem, Fritzbox o.ä.) hängt, kommt das so genannte Doube-NAT-Verfahren zum Einsatz, bei dem die Internet-Adressen doppelt übersetzt werden. Das kann beispielsweise bei bestimmten Online-Spielen zu Problemen führen.
Andere Verfahren (Access Point oder Bridge), die ohne eine doppelte Infrastruktur auskommen, kann man nur verwenden, wenn man ein einziges Google Wifi im Einsatz hat. Das ist bei einem System, das auf eine dynamische Erweiterung ausgelegt ist, aber nicht besonders sinnvoll. Immerhin hat Google angekündigt, den Access-Point-Modus für vermaschte Router in einem Update zur Verfügung zu stellen.
Google Wifi verfügt außerdem nur über zwei LAN-Anschlüsse. Bei der ersten Basisstation wird ein Port mit dem Kabel zum Internet-Modem belegt, an den anderen kann man ein anderes Gerät per Kabel anschließen. Bei den zusätzlichen Zugangspunkten können beide Ports als LAN-Anschlüsse verwendet werden. Handelsübliche Router haben häufig vier oder mehr Buchsen.
Insgesamt hinterlässt Google Wifi einen positiven Eindruck. Für das Setup muss man kein Netzwerk-Experte sein. Das vermaschte Netzwerk erwies sich als stabil und schnell. Allerdings ist Google Wifi nicht gerade billig. Ein Zweierpack kostet 249 Euro, ein einzelnes Gerät schlägt mit 139 Euro zu Buche. Ein Dreierpack für große Wohnungen, das in den USA für 269 Dollar (ohne Mehrwertsteuer, circa 240 Euro) angeboten wird, hat Google hierzulande nicht im Programm.
Google Wifi sammelt nach Angaben des Unternehmens keine Nutzerdaten. Und auch bei ausführlichen technischen Tests hat sich kein Verdacht ergeben, dass die Geräte heimlich «nach Hause telefonieren». Die User können aber bestimmte Daten wie die technische Qualität der Internet-Verbindung mit dem Konzern teilen.
Fotocredits: Lino Mirgeler,Lino Mirgeler,Lino Mirgeler,Lino Mirgeler,Lino Mirgeler,Lino Mirgeler,Lino Mirgeler
(dpa/tmn)