Weiterbildung und Unterhaltung unterwegs mit Podcasts
Berlin – Audio-Medien sind praktisch: Ohne etwas lesen zu müssen oder an einen Bildschirm gefesselt sein, können sich Hörer informieren oder unterhalten lassen. Das geht in der Küche, im Garten oder im Auto.
Und diesen Bereich besetzt nicht mehr nur das Radio: Herunterladbare Audio-Inhalte, sogenannte Podcasts, erleben bei Angebot und Nachfrage in Deutschland derzeit einen zweiten Aufwind. 13 Prozent der Onliner in Deutschland ab 14 Jahren hören Podcasts. Das sind rund 7,5 Millionen Menschen, ergab die ARD/ZDF-Online-Studie 2016. In den USA haben sich Podcasts seit Jahren als Medium etabliert – die dritte Staffel des Formats «Serial» mit dem Namen «S-Town» zum Beispiel wurde in der ersten Woche 16 Millionen Mal heruntergeladen.
«Es gibt wohl kaum einen Verlag oder ein Medium, das nicht zumindest über einen eigenen Podcast nachdenkt, wenn er nicht eh schon vorhanden ist», sagt Daniel Hüfner vom t3n Magazin in Hannover. Derzeit sei die Podcast-Landschaft hierzulande hauptsächlich von zwei Bereichen geprägt, sagt Sandro Schroeder vom Deutschlandradio, der sich seit mehreren Jahren mit dem Thema beschäftigt: «Erstens von langjährigen Podcastern wie beispielsweise Tim Pritlove, die meist sehr ausführliche Gespräche, Interviews oder Unterhaltungen aufnehmen und damit eine treue Hörerschaft aufgebaut haben. Und zweitens Radiosender, die Podcasts als weiteren Ausspielkanal nutzen.»
Auch neue Akteure gibt es: «Das Podcast-Label «Viertausendhertz», das sich seit Anfang 2016 auch an aufwendigen Produktionen nach US-amerikanischem Vorbild versucht», nennt Schroeder ein Beispiel. Streaming-Dienste steigen ebenfalls ein – etwa Spotify mit dem Exklusivinhalt «Fest & Flauschig» von Olli Schulz und Jan Böhmermann. Oder Deezer, das mit «Das kleine Fernsehballett» einen TV-Serien-Podcast mit Moderatorin Sarah Kuttner und Medienjournalist Stefan Niggemeier betreibt.
«Seit Anfang 2017 drängen auch Print- und Online-Redaktionen auf den Markt – wie «Spiegel Online» oder die «Rheinische Post»», sagt Schroeder. Auch Unternehmen und Stiftungen versuchen sich daran. Der Vorteil für die Macher: Podcasts lassen sich günstig mit einfachem Equipment realisieren – Mikrofon und Schnittsoftware reichen schon.
Doch auch beim Radio ist nicht mehr alles nur Zweitverwertung. «Das Smartphone ist das Abspielgerät schlechthin, also versuchen die Sender dafür geeignete Angebote zu schaffen», sagt Oskar Vitlif vom Onlineportal «radioszene.de». Mit mobilen Apps können die Hörer ihr Programm immer individueller gestalten. Dazu haben mehrere Sender schon Apps im Angebot. Außerdem starten ARD und Deutschlandradio im Sommer die «ARD Audiothek». «Nutzer können damit auf Wortbeiträge von mehr als 60 Hörfunkwellen aus der ARD Mediathek zugreifen und sich daraus ein eigenes Programm zusammenstellen», sagt der Radioexperte.
Einheitliche Trends bei den Angeboten gibt es nicht. «Sowohl in den USA als auch in Deutschland differenzieren sich Podcasts bei Inhalt und Form immer weiter aus», sagt Schroeder. Technik-Themen und Männerstimmen dominieren mittlerweile weniger als früher. «Der Durst nach Wissens-, Geschichts- und Wissenschaftspodcasts erscheint mir aber nach wie vor besonders groß. Daneben bleiben die erzählerischen Radiosendungen und Podcasts aus den USA auch in Deutschland beliebt.»
Die technischen Voraussetzungen für Hörer sind einfach. «Auf PC oder Mac lässt sich beispielsweise iTunes gut nutzen, da es ein riesiges Angebot gibt», erklärt Hüfner. Auf Smartphone und Desktop-Rechner empfiehlt er die App «Pocket Casts»: «Mithilfe einer Entdeckfunktion lassen sich spannende Podcasts direkt in der App finden.» Und noch ein Vorteil: «Die gehörten Inhalte werden zwischen Smartphone und Desktop synchronisiert und sind damit immer auf demselben Stand.» Vitlif empfiehlt für Android die kostenlose App «Podcast Republic». Zuverlässig seien auch die Apps «Downcast» und «Overcast».
Und welche Podcasts eignen sich zum Einstieg? Schwer zu sagen: «In allen Gebieten von Politik über Sport, Tech, Film oder Comedy bis Fiction findet jeder seine persönlichen Favoriten. Dazu empfiehlt es sich einfach mal zu stöbern», sagt Vitlif.
Aber: «Das Suchen und Entdecken ist im Vergleich zu anderen digitalen Medien massiv unterentwickelt», entgegnet Schroeder. iTunes als erste Anlaufstelle bietet Neuhörern das größte Verzeichnis, bietet Charts und Kategorien – aber es ist auch unvollständig. Auch mit speziellen Suchmaschinen können Interessierte Podcasts finden – für deutsche Produktionen gibt es etwa «fyyd.de» oder «podfilter».
Empfehlungen der Experten
Die persönlichen Podcast-Empfehlungen des t3n-Redakteurs Daniel Hüfner sind: «Seriendialoge», ein deutschsprachiger Podcast über aktuelle Serien auf Netflix und Amazon, «Eine Stunde History», das jede Woche ein historisches Ereignis bespricht, und «Beste Freundinnen», bei denen sich zwei Jungs über den Beziehungsalltag mit ihren Freundinnen austauschen.
Auch Sandro Schroeder vom Deutschlandradio hat eine persönliche Empfehlung: «Der schön erzählte und liebevoll produzierte „Systemfehler“ vom Podcast-Label Viertausendhertz ist einer meiner absoluten Lieblingspodcasts, weil er anders klingt und sein Thema aus immer neuen, überraschenden Perspektiven beleuchtet». Sein Hörtipp sind die Episoden «Irren ist menschlich» und «Klangverluste».
Unentschlossenen rät Oskar Vitlif von «radioszene.de»: «Mit einem Abo des ARD Radio-Tatorts machen Neueinsteiger in der Regel nie etwas falsch.»
Fotocredits: Franziska Gabbert,Lino Mirgeler,Lino Mirgeler,Lino Mirgeler
(dpa/tmn)