«Assassin’s Creed: Odyssey» im Test
Berlin – «Assassin’s Creed: Odyssey» startet buchstäblich episch. Die Spieler schlüpfen ganz am Anfang in die Rolle von Spartas Kommandanten in der Schlacht an den Thermopylen, bei der eine kleine Gruppe Spartaner das übermächtige persische Heer zwei Tage lang aufhalten konnte.
Die Spieler werden direkt in die Schlacht geworfen und müssen sich durch die Gegnerhorden kämpfen – eine Neuerung in der Reihe, die auch nach dem Thermopylen-Prolog mehrfach wiederkehrt.
Primär geht es aber nicht um die Persischen Kriege, sondern um den Peloponnesischen Krieg zwischen Athen und Sparta von 431 bis 404 vor Christus. Die Hauptfigur – wahlweise eine Frau namens Kassandra oder ein Mann namens Alexios – wurde in Sparta geboren, verstoßen und ist dann auf der griechischen Insel Kefalonia aufgewachsen. Dort geht sie dem Söldnerhandwerk nach und arbeitet mit einem Schlitzohr namens Markos zusammen, der eine Art Vaterfigur darstellt. Nach einigen Aufträgen holt der Krieg die Hauptfigur aber ein.
Worum es kaum geht: die Auseinandersetzung zwischen Templern und Assassinen, die die anderen Spiele der Reihe prägt. Aber auch in «Odyssey» gibt es kurze Abschnitte, die in der Gegenwart spielen.
Was sofort ins Auge fällt: Das antike Griechenland ist detailliert gestaltet und sieht fantastisch aus. Über der Startinsel thront eine gigantische Zeus-Statue, rundherum wogt sanft das türkise Meer. Die Dörfer sind liebevoll mit Märkten, Tempeln und Häusern ausstaffiert.
Doch lange hält es Kassandra beziehungsweise Alexios nicht auf Kefalonia, das nur einen winzigen Teil der spielbaren Welt ausmacht: Ein großer Auftrag winkt. Die Hauptfigur soll ihren Vater töten, der das Spartanische Heer anführt. Doch um an ihn heranzukommen, muss sie sich erst Respekt bei den Spartanern erarbeiten. Dafür tötet man Athener Soldaten, raubt deren Kriegskasse oder verbrennt Vorräte. Mit diesen Mechaniken können die Spieler auch später den Kriegsverlauf zumindest leicht beeinflussen. Da man im Spiel aber auf beiden Seiten kämpft, stellt sich kaum ein Zugehörigkeitsgefühl zu Spartanern oder Athenern ein – was für Söldner ja auch ganz nützlich sein kann.
Bei vielem verlässt sich «Odyssey» auf den Vorgänger «Origins» oder baut darauf auf: Das Kampfsystem ist wieder an Rollenspiel-Mechaniken angelehnt. Und Fähigkeiten können mit Erfahrungspunkten und Levelanstieg gewählt und verbessert werden – etwa der Sparta-Kick.
Dieser ist bekannt durch die Comic-Verfilmung «300», in der es auch um die Thermopylen-Schlacht geht. Hier befördert der Spartanerkönig Leonidas einen persischen Diplomaten mit diesem Kick in einen Abgrund. Die Technik erweist sich auch im Spiel als praktisch, denn so lassen sich selbst starke Widersacher schnell ausschalten – Abgrund vorausgesetzt. Ansonsten werden die Gegner blutig aus dem Hinterhalt gemeuchelt oder im Kampf ziemlich brutal niedergemäht.
Die Waffen und Ausrüstungen haben ein Mindestlevel und bringen je nach Seltenheit Boni. So angenehm es ist, sich ständig zu verbessern, hat das System einen Nachteil: Findet man ein sehr nützliches Item, ist es beim nächsten Levelanstieg schon fast wieder wertlos.
Neu ist das Söldnersystem. Bei gesellschaftlich inakzeptablem Verhalten wird ein Kopfgeld auf die Hauptfigur ausgesetzt. Fortan wird sie von anderen Söldnern mit höheren Leveln verfolgt, was einen Kampf fast aussichtslos macht. Zunächst gilt es also, diese Söldner zu meiden. In einer Menü-Übersicht werden alle anderen Söldner angezeigt. Besiegt man aber einen von ihnen, steigt man im Ranking – ein System, das man von Mittelerde-Spielen wie «Mordors Schatten» kennt und zu einer etwas persönlicheren Beziehung zu Gegnern führt.
Ebenfalls neu ist der Exploration Mode. Dabei werden die «Assassin’s Creed»-typischen Kartensymbole und Wegmarker ausgeblendet. Die Spieler müssen sich wie etwa in «The Legend of Zelda: Breath of the Wild» den Weg erfragen und anhand von Orientierungspunkten das Ziel finden. Vor allem Spieler, die das riesengroße Griechenland auf eigene Faust entdecken wollen, werden diese Modus mögen. Fans werden auch die Schiffskämpfe schätzen, die sie aus dem Serienteil «Black Flag» kennen. Denn die Startinsel Kefalonia verlässt der Spieler per Schiff, das er ausbauen und für das er Matrosen anheuern kann.
Zum Preis von 60 Euro bietet «
Assassin’s Creed: Odyssey» extrem viel: mindestens 50 Stunden Spielzeit in einer riesigen offenen Welt, abwechslungsreiche Haupt- und Nebenaufgaben und interessante Charaktere. Das Spiel baut sinnvoll auf die in «Origins» eingeführten Mechaniken auf und verbessert sie sogar noch ein Stück weit.
Fotocredits: Ubisoft,Ubisoft,Ubisoft,Ubisoft,Ubisoft,Ubisoft
(dpa/tmn)