Das neue Huawei-Smartphone Mate 30 Pro im Test
Berlin – Auf den ersten Blick reiht sich das Huawei Mate 30 Pro nahtlos in die Riege der Top-Smartphones der chinesischen Marke ein. Doch es ist ein höchst ungewöhnliches Gerät für den deutschen Markt: ein Android-Smartphone ohne Google-Dienste.
Die US-Sanktionen zwingen den zweitgrößten Smartphone-Anbieter der Welt, seine neuen Telefone ohne GMail, Google-Karten oder die App-Plattform Play Store auszuliefern. Für einen Teil der Google-Dienste gibt es Alternativen direkt von Huawei, bei anderen muss man auf Services weiterer Anbieter zurückgreifen.
Wenn man das Mate 30 Pro als «Huawei-Telefon» nutzt, werden ganz schnell zwei Dinge klar. Zum einen, wie sehr man als Android-Nutzer in einer Google-Welt lebt. Egal, ob es darum geht, schnell eine Route zu checken oder die Fotos mit der Cloud zu synchronisieren. Zum anderen machen die gefühlt endlosen Datenschutz-Hinweise der Huawei-Dienste noch einmal deutlich, was für ein weitreichender Datenzugriff hinter dem reibungslosen Funktionieren der gewohnten Funktionen steckt.
Google-Apps? Bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen!
Zunächst einmal begrüßt das Mate 30 Pro seine neuen Besitzer mit der Aufforderung, sich mit einer «Huawei ID» anzumelden. Das ist Huaweis Alternative zu dem Google-Konto, in dem die gesammelten Einstellungen und Nutzerdaten gespeichert und verwaltet werden.
Zur Familie der Huawei Apps gehören unter anderem die App Gallery als Ersatz für die App-Plattform Google Play, die Huawei Cloud, über die zum Beispiel Fotos online gespeichert werden, Huawei Health zum Sammeln und Synchronisieren von Gesundheitsdaten und der Huawei Store zum Kauf von Geräten des Konzerns.
Die Liste der «empfohlenen Apps», die bei der ersten Anmeldung in der App Gallery zur automatischen Installation vorgeschlagen werden, scheinen etwas willkürlich gewählt zu sein: darunter sind zwei Anwendungen zum Radiohören, eine Wetter-App, ein Solitär-Spiel und die App des E-Mail-Anbieters GMX.
Gähnende Leere im App-Regal
Das Kernproblem der «App Gallery»: Zum Start des Mate 30 Pro klaffen hier erhebliche Lücken. Huawei muss die Entwickler noch dazu kriegen, ihre Apps auch auf die Plattform des Unternehmens zu bringen. Viele in Deutschland populäre Anwendungen fehlen. So sucht man vergeblich nach der kompletten App-Familie von Facebook, angefangen mit der blauen App des Online-Netzwerks über Instagram bis hin zu den Chat-Diensten WhatsApp und Messenger.
Allein das dürfte für viele Nutzer in Deutschland ein Ausschluss-Kriterium sein. Dann stehen sie aber auch vor der Frage, welche Karten-App sie sich auf das Gerät laden sollten. Denn es fehlen nicht nur bekannte Namen wie die App Here der deutschen Autobauer, sondern auch insgesamt ist die Auswahl eher schmal.
Huawei muss die App-Entwickler noch für sich gewinnen
Genauso lückenhaft ist das Angebot in anderen Bereichen. Bei Billigfliegern ist Ryanair vertreten, aber nicht Easyjet. Das populäre Spiel «Candy Crush» kann man nicht laden – aber die Nachahmer-App «Candy Crush Mania» von einem anderen Entwickler. Auch die MyTaxi-Nachfolge-App Free Now fehlt. Die beiden führenden Musikstreaming-Dienste Spotify und Apple Music sind nicht vertreten, dabei sind aber die deutlich kleineren Konkurrenten Deezer und Napster. Insgesamt fällt der hohe Anteil chinesischer und russischer Apps in Huaweis Plattform auf.
Zugleich betont Huawei, dass die App-Auswahl immer größer werde. Der Konzern nimmt auch viel Geld in die Hand, um Entwickler auf die eigene Plattform zu locken. Immerhin schon dabei sind Apps der Online-Händler Amazon und About You, der Preissuchmaschine Idealo, des Fotodruck-Spezialisten Cewe und der Deutschen Telekom mit «MeinMagenta».
Kamera und Prozessor strotzen vor Leistung
Von der Hardware her entwickelt das Mate 30 Pro die Tradition der Top-Smartphones von Huawei weiter. Kernstück ist der neue hauseigene Chip Kirin 990 mit einem Neuro-Prozessor für Anwendungen auf Basis künstlicher Intelligenz. Noch einmal verbessert wurde auch das Kamera-System mit Leica-Optik. So gibt es unterschiedliche Sensoren für optimale Foto- und Videoaufnahmen. Huawei wirbt zudem mit einer Ultra-Zeitlupe, bei der Videos mit außergewöhnlichen 7680 Bildern pro Sekunde gedreht werden. Die Aufnahme ist naturgemäß auf wenige Sekunden beschränkt. Daher startet das Telefon die Kamera nach dem Druck auf den Auslöser erst, wenn es Bewegung vor der Linse erkennt.
Zu den weiteren auffälligen Funktionen des Mate 30 gehört eine intelligentere automatische Bild-Rotation beim Drehen des Geräts. So reagiert das Mate 30 Pro nicht nur auf die Daten des Bewegungssensors, sondern behält das Gesicht der Nutzer im Blick, damit das Bildformat nicht wechselt, wenn man es eigentlich gar nicht will.
Und irgendwie kommen fehlende Apps doch auf das Telefon
Knöpfe zur Einstellung der Lautstärke sucht man auf der Seite des Telefons vergeblich: Stattdessen bekommt man durch Doppeltippen auf die Kante des Geräts einen Schieberegler am Bildschirmrand angezeigt. Auf ein Modem für den superschnellen 5G-Datenfunk verzichtete Huawei zum Deutschland-Start, obwohl der Konzern einen eigenen Chip dafür im Angebot hat. Zu Analysen, wonach in neueren Geräten des Mate 30 gar keine US-Komponenten mehr zum Einsatz kommen, nahm Huawei bislang keine Stellung.
Ganz final ist der Verzicht auf die fehlenden Apps nicht, zumindest für bisherige Besitzer von Huawei-Smartphones. Sie können aktuell noch über einen kleinen Umweg ihre gewohnte App-Landschaft auf den neuen Huawei-Geräten installieren. Und zwar, indem sie über die «Klonen»-Funktion einfach beim Einrichten des neuen Geräts eine Kopie des bisherigen Huawei-Telefons übertragen.
Das
Huawei Mate 30 Pro ist ab dem 12. Dezember exklusiv bei MediaMarkt unter mediamarkt.de in der Farbe «Space Silver» in limitierter Anzahl erhältlich. Die unverbindliche Preisempfehlung liegt bei 1099 Euro. Zum Kauf gibt es ein kostenloses Cover. Außerdem bekommen Käufer, die nach 30 Tagen in einem freiwilligen Test ihre Einschätzung zum Gerät abgeben, die Smartwatch Huawei Watch GT 2.
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(dpa/tmn)