Dashcam kaufen und richtig nutzen
München – Wer trägt die Schuld am Unfall? Hat der andere Autofahrer die Vorfahrt missachtet oder unvermittelt die Spur gewechselt? All das könnten Dashcam-Videos klären.
Doch bislang war der Einsatz der Spezialkameras umstritten, ihre Aufzeichnungen ließen einigen Gerichte nicht als Beweismittel zu. Das hat sich nun gründlich geändert.
Mit einem Urteil aus dem Mai 2018 (Az: VI ZR 233/17) hat der Bundesgerichtshof den Weg für die Nutzung von Dashcams geebnet und ihre Aufnahmen als Beweismittel gestattet. Doch das bedeute nicht, dass jeder Verkehrsteilnehmer eine Kamera pausenlos laufen lassen darf, erklärt Markus Schäpe vom ADAC: «Wer ohne Anlass und ohne automatisches Überschreiben im Straßenverkehr filmt, verstößt gegen Bestimmungen des Datenschutzes und riskiert ein Bußgeld», so der Leiter der juristischen Zentrale des Autoclubs. Aber immerhin, so Schäpe, müsse nach dem BGH-Urteil Unfall-Filmmaterial als Beweismittel anerkannt werden.
Und es gibt Dashcams, die der BGH-Maßgabe genügen, das Speichern auf ein Minimum zu reduzieren, weiß Sven Wolf vom Fachportal «Chip.de». Die Schwierigkeit sei, dass der BGH nur wenig Konkretes mitgeteilt hat, was nun erlaubt ist. Einig sind sich die Experten aber in folgendem Punkt: Beim Dauerbetrieb sei die erste Voraussetzung für einen halbwegs legalen Einsatz, dass die Kamera die Aufnahmen direkt wieder löscht, falls es keine Vorkommnisse wie einen Unfall gab.
Nicht erlaubt dürfte hingegen sein, dass die Aufnahmen erst gelöscht werden, wenn die Speicherkarte voll ist, sagt Wolf. Werden mehrere Stunden Videomaterial gespeichert, sei das nicht vom BGH-Urteil gedeckt. Das sei aber bei vielen Dashcams zu beobachten, hat Wolf festgestellt. Erst langsam passten sich Hersteller der Rechtslage an. Die Dashcam müsse – etwa per Sensor – erkennen, wenn sich ein Unfall ereignet, um die Aufnahmen automatisch zu sichern und gleichzeitig alle anderen Aufnahmen in kurzen Abständen zu löschen.
Auf diese Voraussetzungen hin hat «Chip.de» Dashcams getestet. Das Fazit: «Es gibt derzeit nur wenige Kameras, die erst speichern, wenn die eingebauten Sensoren einen Unfall registrieren», sagt Wolf. Das seien eher Oberklasse-Geräte ab 100 Euro. Ebenfalls auf der Ausstattungsliste sollte stehen: ein möglichst breiter Blickwinkel und eine sehr gute Bildqualität, um wichtige Details wie Unfallgegner und Verkehrsschilder eindeutig zu identifizieren. Für Fahrten im Dunkeln sollte die Dashcam auch sehr lichtempfindlich sein.
Aber auch manche Kamera um 70 Euro konnte die Tester überzeugen. «Von allzu billigen Kameras für 20 oder 30 Euro sollte man aber die Finger lassen, da wichtige Bilddetails schlecht zu erkennen sind», warnt Wolf. Manche Spitzenmodelle hätten dagegen sogar Extras wie Abstandswarner, Spur- oder Parkassistent an Bord.
Die Technik dürfte sich weiter verbessern, und das Angebot an Kameras wächst schnell. Nach dem BGH-Urteil rechnet der IT-Branchenverband Bitkom nach eigenen Angaben mit deutlich steigenden Verkaufszahlen bei den Autokameras: In den vergangenen drei Jahren seien geschätzte 150.000 Dashcams in Deutschland verkauft worden. Bei einer repräsentativen
Umfrage von Bitkom Research gaben 13 Prozent der Befragten an, bereits eine Dashcam zu nutzen. Zudem kann sich weit mehr als jeder Zweite (58 Prozent) vorstellen, künftig eine Dashcam zu nutzen oder ist bereits entschlossen, künftig auf jeden Fall eine Autokamera einzusetzen.
Wer sich nicht extra eine Dashcam kaufen möchte, kann auch sein Smartphone per App mit einer entsprechenden Funktion ausstatten: Es gibt solche Anwendungen sowohl im Google-Play-Store für Android als auch in Apples iTunes-Store für iPhones. Auch hier gelten die Bedingungen des BGH: Die jeweilige App darf nicht dauerhaft speichern, und sie sollte nur die kritische Szene etwa eines Unfalls automatisch sichern. Das lässt sich leicht testen, da es von nahezu allen Dashcam-Apps kostenlose oder zumindest günstige Versionen gibt.
Ob kostenlos oder kostenpflichtig: Passendes Zubehör ist unabdingbar für den Betrieb des Smartphones als Behelfs-Dashcam – aber auch für die Funktionalität echter Dashcams. Dazu gehören eine stabile Halterung und ein 12-Volt-Ladekabel, wenn das Auto etwa keine USB-Buchsen zur Stromversorgung von Geräten bietet.
Fotocredits: Christin Klose
(dpa/tmn)