Der richtige Umgang mit Hass im Netz

By on 23. Juni 2020

Düsseldorf(dpa/tmn) – Wer in sozialen Netzwerken aktiv ist, stößt schnell auch auf Hass. Hate Speech wird das Beleidigen, Hetzen und Diskriminieren im Internet genannt – Hassrede. «Bei Hate Speech handelt es sich um digitale Gewalt», betont Simone Rafael, Chefredakteurin der «Belltower News» von der Amadeu Antonio Stiftung».

«Wir verstehen unter Hate Speech digitale Gewalt, die über Sprache, Worte oder Bilder verbreitet wird und die Grenzen der Meinungsfreiheit überschreitet», erklärt Nadine Eikenbusch, Referentin für die EU-Initiative Klicksafe bei der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen. Wie in der analogen Welt gehören dazu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus, Sexismus sowie Homo- und Transfeindlichkeit.

«Wird die Menschenwürde oder das Persönlichkeitsrecht verletzt oder herabwürdigende Schmähkritik geäußert, kann ein Betroffener dagegen rechtlich vorgehen», sagt Eikenbusch. Strafbare Inhalte wie Verleumdung, Beleidigung und Volksverhetzung können angezeigt oder bei Beschwerdestellen wie «
Hassmelden» oder der
Beschwerdestelle der Landesanstalt für Medien gemeldet werden.

Das Wichtigste: Hass nicht stehen lassen

«Das Wichtigste ist, Hass nicht stehen zu lassen», sagt Simone Rafael. «Ein Nichtreagieren sieht immer aus wie Zustimmung.» Außerdem verfestigten sich bei fehlender Gegenrede die Positionen der Hassredner. Gute Argumente gegen Hassrede finden sich zum Beispiel beim «
No Hate Speech Movement». Wer Inhalte selbst nicht löschen kann, kann zumindest die Verantwortlichen der Seite darauf aufmerksam machen oder die Meldefunktionen der sozialen Netzwerke nutzen.

«Der erste Schritt ist die Beweissicherung», rät Rafael. Hier genügt es, einen Screenshot zu machen und sich die URL zu notieren. Danach können Betroffene die Beiträge löschen. «Man muss das nicht ertragen.»

Betroffene sollten Anzeige erstatten

Bei strafrechtlich relevanten Inhalten sollten Betroffene außerdem Anzeige erstatten. Allerdings: «Viele Inhalte sind überhaupt nicht strafbar, weil sie zu subtil sind», sagt Rafael. Von Staatsseite gibt es mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz Bemühungen, die strafrechtlichen Prozesse zu vereinfachen und etwa besser an die Daten der Täter über die Netzwerke heranzukommen.

Trotzdem ist es für die Opfer digitaler Gewalt nicht immer einfach, rechtliche Konsequenzen zu erwirken. Richter urteilten sehr unterschiedlich, wie Rafael erklärt. «Denken wir nur an den Fall Renate Künast, bei dem herabwürdigende sexuelle Sprache als Sachbezug bewertet wurde.» Dennoch sei eine Anzeige ihrer Meinung nach wichtig, um in den Polizeistellen ein Bewusstsein für das Problem zu schaffen.

Gegebenenfalls psychologische Hilfe einholen

Wer merkt, dass ihn die Angriffe im Netz sehr belasten, sollte das nicht mit sich selbst ausmachen, sondern seine Probleme in der realen Welt teilen. «Gegebenenfalls macht es auch Sinn, sich psychologische Hilfe zu holen», findet Simone Rafael.

Diskriminierende, gewaltverherrlichende und menschenverachtende Äußerungen gegenüber Personen oder Bevölkerungsgruppen sind keineswegs neu, sagt Prof. Birgitt Riegraf, Soziologin und Präsidentin der Universität Paderborn: «Sie haben durch das Internet und die digitalen Medien allerdings eine neue Dimension erreicht, die eine demokratische und offene Diskussionskultur grundlegend gefährdet.»

© dpa-infocom, dpa:200622-99-522277/3

Fotocredits: dpa-infografik GmbH,Julian Stratenschulte,Nora Gold,Landesanstalt für Medien NRW,Amadeu Antonio Stiftung,Bernd Wüstneck

(dpa)

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