Diese Videospiele sind echte Geheimtipps
Berlin – Musikalische Gorillas, beklemmender Überlebenskampf unter Wasser und Teenager, die sich leichtherzig durch Ganovenbanden prügeln: Videospiele sind abwechslungsreicher, als der Blick auf die prominenten Großproduktionen vermuten lässt.
Gerade in den Köpfen und Studios der kleinen Entwicklerteams entstehen immer wieder ungewöhnliche, frische und bizarre Spielideen – die aber in der Flut an Neuerscheinungen schlichtweg untergehen. Dabei lohnt sich besonders die Suche nach diesen Geheimtipps. Hier sind sechs zu Unrecht unbekannte Spiele:
Ein Gorilla auf Abwegen
«Ape Out» erzählt vom dramatischen Ausbruchversuch eines Gorillas aus einem weitläufigen Gefängnis. Dutzende schwer bewaffnete Wärter wollen das verhindern. Um lebend in Freiheit zu gelangen, muss der Gorilla geschickt den Laufwegen des Wachpersonals ausweichen oder sie angreifen, bevor sie ihre Waffen abfeuern können.
Das klingt nach Gewaltorgie, ist in Wahrheit aber ein musikalisches Rhythmusspiel. Die Klänge eines wuchtigen Schlagzeugs begleiten jede Bewegung des Gorillas: Eine erfolgreiche Ausweichbewegung oder ein gelungener Angriff auf die Wärter treibt die Musik zu einem kurzen, mitreißenden Höhepunkt. Mit etwas Übung und Geschick komponieren die Spieler so ihren eigenen Soundtrack, der den dramatischen und kurzweiligen Ausbruchsversuch passend untermalt.
– Spielenswert weil: «Ape Out» ist eine originelle Neuinterpretation des musikalischen Rhythmusspiels und macht selbst dann Spaß, wenn Spieler kein sonderlich gutes Taktgefühl haben.
Bizarre Begegnungen auf dem Highway
«Kentucky Route Zero» ist Mystery-Thriller und spielbarer Abenteuerfilm in einem. Erzählt wird eine bizarre Geschichte im amerikanischen Hinterland: Entlang eines Highways durch die weitläufige Einöde warten seltsame und rätselhafte Begegnungen auf die Spieler, die mal humorvoll, mal gesellschaftskritisch, mal philosophisch geprägt sind.
Über zehn Jahre lang veröffentlichte das kleine Entwicklerteam Cardboard Computer insgesamt fünf Episoden, die nach und nach die Geschichte von «Kentucky Route Zero» erzählten. Nun ist das Werk komplett, und Spieler können es in einem Rutsch erleben und seine Geheimnisse entschlüsseln. Aber Vorsicht: Das Abenteuer auf dem Highway ist kein Spiel für Ungeduldige. Wer die Atmosphäre voll genießen will, muss Zeit und Ruhe mitbringen.
– Spielenswert weil: «Kentucky Route Zero» spielt sich wie ein spannender, bizarrer Thriller-Roman zum Mitmachen, der Spielern mehr als einmal ein angenehmes Schaudern über den Rücken jagen wird.
Eine Ode an die Liebe
Florence Yeoh steckt in einer Sackgasse fest: Ihr Job macht der jungen Frau keinen Spaß, Freunde hat sie nur wenige, und mit endlosen Scrollereien auf Social Media lenkt sie sich nach Feierabend von ihren Problemen ab. Eines Tages verliebt sie sich in einen Straßenmusiker – und ihr Leben ändert sich grundlegend.
«Florence» begleitet das verliebte Paar vom ersten Date bis zum letzten Streit, der die Beziehung wieder zerstören wird. Verhindern können das die Spieler nicht, aber darum geht es auch nicht. «Florence» will stattdessen eine Geschichte erzählen, die vielen Menschen nur zu gut vertraut ist: Wie aus einer zufälligen Begegnung eine romantische Beziehung werden kann, die allerdings irgendwann auch wieder endet. Das ist manchmal bittersüß, manchmal traurig – aber immer eine Geschichte, die es wert ist, erlebt zu werden.
– Spielenswert weil: «Florence» meistert die schwierige Herausforderung, eine Liebesgeschichte zu erzählen, die sich nicht in kitschigen Klischees verliert, sondern erbarmungslos echt ist.
Straßenprügelei mit Freunden
Weniger einfühlsam geht es in «River City Girls» zu: Die beiden Freundinnen Kyoko und Misako nehmen ihre Hämmer in die Hand und schlagen sich durch riesige Gegnerhorden, um ihre gefangenen Freunde zu retten.
Dabei bewegen sie sich wie in den klassischen Arcade-Spielen der 80er Jahre von links nach rechts über den Bildschirm, sammeln Upgrades auf und lernen neue Kräfte. Ganz besonders viel Spaß macht die Prügelei zu zweit: «River City Girls» bietet einen Zweispielermodus an, so dass zwei Freunde gemeinsam auf der Couch den beiden Freundinnen auf dem Monitor unter die Arme greifen können.
– Spielenswert weil: Vor allem zu zweit macht «River City Girls» mit seinen knallbunten, leichtherzigen und vor allem einsteigerfreundlichen Prügeleien auch Spielern viel Spaß, die schon länger keinen Controller mehr in der Hand hielten.
Kampf um die Sterne-Wertung
Das gleichsam gesellschaftskritische wie ungemein entspannende Spiel «Neo Cab» versetzt Spieler in die Rolle von Taxifahrerin Lina. Sie gabelt auf den Straßen der fiktiven Stadt Los Ojos Mitfahrer auf und bringt sie ans Wunschziel. Auf dem Weg kommt die junge Frau mit ihren Gästen ins Gespräch – und Spieler dürfen entscheiden, wie diese Unterhaltungen ablaufen.
Dabei ist Lina von der guten Laune ihrer Fahrgäste abhängig, die nach ihrer Fahrt mit einer Sterne-Bewertung wissen lassen, wie zufrieden sie waren. Doch die perfekte Bewertung hat ihren Preis: Immer wieder muss Lina ihre eigene psychische Verfassung aufs Spiel setzen und Monologe der Mitfahrer ertragen. Selbst wenn deren Weltbilder und Gedanken schwer missfallen. Oder sie lässt ihrem Unmut eben doch freien Lauf – riskiert damit aber ihren Job.
– Spielenswert weil: Gespräche, die zum Nachdenken anregen, geben sich bei «Neo Cab» die Hand mit einer Rundfahrt durch eine wunderschöne, fiktive Stadt bei Nacht – gemütlicher geht es kaum noch.
Unter Druck im verfluchten U-Boot
Im U-Boot von «Barotrauma» ist die Hölle los: Wasser tritt durch morsche Stellen in der Schutzhülle des Bootes ein, die Besatzung murrt, und außerirdische Seemonster wollen Boot und Besatzung an den Kragen. Gegen diese vielen Gefahren und Bedrohungen hilft nur eine gute Organisation, Planung und ein Auge fürs Detail.
Damit das U-Boot sicher am Zielhafen ankommt, müssen Spieler ihre Besatzung versorgen, Konflikte der Crew-Mitglieder lösen, Reparaturen beaufsichtigen und Erkundungsmissionen in der Tiefsee durchführen. Für Langeweile bleibt hier keine Zeit, stattdessen ist Multitasking gefragt.
– Spielenswert weil: «Barotrauma» hält Spieler auf Trab, ohne sie so sehr zu stressen, dass sie überfordert vor dem Bildschirm zusammenbrechen müssen. Außerdem ein großes Plus: der ungewöhnliche Schauplatz.
Service:
«Ape Out», Gabe Cuzillo / Devolver Digital, für Playstation 4, Xbox One, Switch und PC (Windows, Mac), ca. 15 Euro
«Kentucky Route Zero», Cardboard Computer, für Playstation 4, Xbox One, Switch und PC (Windows, Mac, Linux), ca. 23 Euro
«Florence», Mountains / Annapurna Interactive, für Android, iOS, Switch, PC (Windows, Mac), ca. 5 Euro
«River City Girls», Way Forward / Arc System Works, für Playstation 4, Xbox One, Switch und PC (Windows), ca. 30 Euro
«Neo Cab», Chance Agency / Fellow Traveller, für Switch, PC (Windows, Mac, Linux), ca. 15 Euro
«Barotrauma», Fake Fish / Daedalic Entertainment, für PC (Windows, Mac, Linux), ca. 25 Euro
Fotocredits: Devolver Digital,Devolver Digital,Fortyseven,Fortyseven,Cardboard Computer,Cardboard Computer,Daedalic,Daedalic,Change Agency,Change Agency,WayForward Technologies Inc,WayForward Technologies Inc
(dpa/tmn)