Mit dem Smartphone auf Reisen
München – Checklisten stehen bei Reisenden hoch im Kurs. Schließlich will man nichts Wichtiges vergessen. Das Smartphone taucht auf solchen Packlisten nicht auf – es ist ohnehin immer dabei.
Und glücklicherweise sind seit Juni 2017 auch die Mobilfunkkosten kein Thema mehr, wenn man sich in anderen EU-Ländern aufhält – oder etwa nicht? Antworten auf wichtige Fragen rund ums Roaming:
Gilt die EU-Roaming-Regelung nur fürs Telefonieren?
Nein. Die
EU-Verordnung gilt auch für Kurznachrichten und mobile Datennutzung. Unter dem Motto «Roam like at home» muss man im regulierten EU-Tarif in anderen EU-Mitgliedsstaaten nur so viel bezahlen, wie für die gleiche Nutzung daheim.
Im besten Fall zahlt man also gar nichts?
Sozusagen, ja. Bei Flatrates wird nur die monatliche Gebühr fällig, Minutenpakete kann man wie zu Hause abtelefonieren. Alles darüber hinaus wird nach der Tarifpreisliste wie in Deutschland berechnet. Anrufe annehmen kostet im Normalfall wie daheim nie etwas.
Gilt der EU-Tarif für alle Tarife?
Im Prinzip ja. Es spielt etwa keine Rolle, ob es sich um einen Postpaid- oder Prepaid-Vertrag handelt. «Allerdings gibt es beispielsweise auch rein nationale Tarife, die die Nutzung im Ausland nicht vorsehen, dafür aber sehr günstig sind», sagt Katharina Grasl von der
Verbraucherzentrale Bayern.
Aber bei allen anderen Verträgen ist der EU-Tarif dann automatisch aktiviert?
Das ist nicht sicher. Denn alternative Angebote zum EU-Tarif dürfen die Provider auch weiterhin machen. Gerade Kunden, die schon einen anderen Tarif gebucht haben, sollten beim Anbieter nachfragen, was voreingestellt ist. Die Rückkehr zum EU-Tarif muss jederzeit sofort und kostenlos möglich sein. Zudem ist eine Info-SMS obligatorisch, die den bestehenden Auslandstarif anzeigt, wenn sich das Smartphone erstmals in ein fremdes Netz einbucht.
Gibt es beim EU-Tarif Einschränkungen?
Ja. Eine Einschränkung betrifft etwa das Datenvolumen bei recht groß dimensionierten, günstigen Flatrates. Hier darf das Inklusiv-Volumen beim Surfen in EU-Ländern gekürzt werden. Die gute Nachricht: Hat der Anbieter nicht ausdrücklich ein Roaming-Datenlimit mitgeteilt, steht dem Nutzer der
Bundesnetzagentur zufolge die gesamte Datenmenge zur Verfügung, die der Vertrag auch in Deutschland zusichert. Zudem dürfen Anbieter Zuschläge erheben, wenn sie feststellen, dass jemand mehr in einem anderen Land als daheim telefoniert und surft. Das soll verhindern, dass günstige Tarife aus einem Mitgliedsstaat überwiegend in einem anderen Mitgliedsstaat genutzt werden.
Gilt der EU-Tarif auch, wenn ich von Deutschland aus telefoniere?
Nein. Der Wegfall der Roaming-Gebühren gilt nicht für Telefonate aus dem Inland, erklärt Katharina Grasl. «Telefoniert man beispielsweise von Deutschland aus in ein anderes EU-Land, können trotzdem Kosten entstehen.» Auf EU-Ebene wird aber über eine Regulierung von Kosten für Anrufe aus dem Heimatland in andere EU-Länder verhandelt.
Und was ist etwa mit der Schweiz?
Verpflichtend ist der EU-Tarif nur in den 28 EU-Mitgliedsstaaten. Freiwillig können die Anbieter aber auch andere Länder einbeziehen. Ob und welche Staaten das sind, steht in den Preislisten. Tatsächlich ist die Schweiz häufiger dabei, manchmal auch Liechtenstein, Norwegen oder Island – Zwergstaaten wie Andorra oder der britischen Krone unterstellte Territorien wie die Kanalinseln oder die Isle of Man dagegen praktisch nie. Hier hilft die Tarif-Info-SMS, ungewollten Mehrkosten vorzubeugen. Sie schützt auch im Grenzgebiet zur Schweiz, wenn der eigene Anbieter das Alpenland nicht zum EU-Tarif zählt.
Welche Probleme können in der Praxis noch auftreten?
«In unseren Beratungsgesprächen geht es oft um Kreuzfahrtschiffe und Fähren», sagt Mona Semmler von der Verbraucherzentrale Niedersachsen. «Das ist vielen immer noch nicht bekannt, dass die Verordnung auf Schiffen nicht gilt.» Dort gibt es oft eigene Mobilfunknetze, die per Satellit angebunden und meist sehr teuer sind. Semmler berichtet von Mondpreisen bis zu 2,75 Euro pro SMS, bis zu 6 Euro pro abgehender Gesprächsminute und bis zu 25 Euro für ein Megabyte Daten. Die Verbraucherschützerin rät, vor der Fahrt die Mobilfunkpreise an Bord zu prüfen. Und: «Wenn man sich nicht sicher ist, am besten einfach das Roaming abschalten.» Eine Alternative könnte das Bord-WLAN sein.
Wie läuft das Roaming in Nicht-EU-Ländern?
Hier können leicht Kosten von mehreren Euro pro Minute oder Megabyte auflaufen. Am günstigsten sind im Zweifel immer SMS. Vor der Reise lohnt es sich, in die Tarifpreisliste zu schauen – und gegebenenfalls Reisetarife des Providers für das jeweilige Zielland zu prüfen.
Bereits daheim gilt es, die Mailbox auszuschalten und auch andere Rufumleitungen zu deaktivieren, rät Mona Semmler von der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Sonst drohen im Extremfall hohe Kosten. Wer im Urlaub ohnehin nur in WLAN-Netzen surfen möchte, sollte Datenroaming in den Smartphone-Einstellungen deaktivieren.
Notfalls können Nutzer immer noch auf einen Kostenairbag beim Surfen in Mobilfunknetzen zählen: EU-Provider müssen Datenverbindungen weltweit automatisch kappen, wenn knapp 60 Euro Kosten aufgelaufen sind. Funktioniert dieser Mechanismus aus technischen Gründen in einem Land nicht, muss der Nutzer darüber per SMS informiert werden, erklärt Semmler. Auf Kundenwunsch könne der Provider das Limit aber bereits vorab oder nach Erreichen der Kostengrenze aufheben.
Wer häufig das gleiche Reiseziel hat, viel innerhalb dieses Landes telefoniert und oft WLAN-unabhängig surfen möchte, kann sich auch vor Ort eine Prepaid-SIM-Karte mit einem günstigen Tarif besorgen.
Fotocredits: Christin Klose
(dpa/tmn)