Schlummerhilfe vom Smartphone: Was Sleep-Tracker bringen
Berlin – Der Wecker klingelt, und man ist eigentlich noch gar nicht richtig ausgeschlafen. War es gestern einfach zu spät? Ist man schlicht kein Frühaufsteher? Oder hätte der Wecker besser zehn Minuten früher geklingelt und einen so nicht aus dem Traum gerissen?
Sogenannte Sleep-Tracker-Apps werben damit, diese Fragen beantworten zu können – und versprechen zudem besseren Schlaf. Halten sie Wort? Die Apps können unterschiedlich viel: Das simpelste Konzept hat die vorinstallierte iPhone-Uhren-App mit der Funktion Schlafenszeit. Seit dem Update auf iOS 10 erinnert sie den Smartphonebesitzer an das Zubettgehen und misst die Länge seines Schlafes. Die werbefinanzierte App Sleep Better (
iOS und
Android) und die Sleep Cycle Alarm Clock (
iOS und
Android) dagegen messen auch die Bewegungen im Schlaf und die Auswirkungen von Faktoren wie Sport, Stress und Ernährung auf das Schlafverhalten. Sleep Better bietet zudem ein Traumtagebuch.
«In der Regel soll man das Smartphone neben dem Kopfkissen platzieren», erklärt Julia Struck von der «Computerbild» die Funktionsweise. «Über die Bewegung der Matratze soll die App erkennen, wie man geschlafen hat.» Das funktioniere über den Beschleunigungssensor im Smartphone – auch im Flugmodus, in den viele ihr Telefon nachts versetzen, um nicht im Schlaf gestört zu werden.
Zusätzlich zur Bewegungsanalyse werten Apps wie SleepBot (
iOS und
Android) oder Pillow (
iOS) die Geräusche im Schlafzimmer aus. So sollen Nutzer herausfinden können, ob sie schnarchen, im Schlaf sprechen oder schlechter schlafen, wenn es im Haus oder auf der Straße laut ist. Die Ergebnisse präsentieren die Apps dem Nutzer am Morgen grafisch aufbereitet. So soll er erkennen können, ob seine Bewegungen im Schlaf mit Geräuschen zusammenhängen. Die App SnoreLab (
iOS und
Android) hat sich ganz auf diese Funktion spezialisiert und will dem Nutzer helfen, Herr über seine Schnarcherei zu werden.
Wer einen Sleep Tracker über einen längeren Zeitraum konsequent nutzt, erfährt definitiv mehr über seine Schlafgewohnheiten und darüber, wie sich der Alltag auf den Schlaf auswirkt: Schläft man schlechter, wenn der Tag stressig war, besser nach einem Glas Rotwein oder dem langen Spaziergang? Wie lang muss erholsamer Schlaf dauern?
Prof. Ingo Fietze ist Schlafforscher an der Berliner Charité und begrüßt es, dass die
Apps den Nutzern ihr Schlafverhalten bewusst machen: «Im Schnitt soll man 7,5 Stunden schlafen. Mit solchen Apps hat man die Kontrolle über seine Schlafmenge und kann am Ende der Woche schauen, ob man das Soll erreicht hat.» Er weist aber auch darauf hin, dass eine App nicht mit der Untersuchung in einem Schlaflabor vergleichbar ist, bei der auch Hirn- und Muskelaktivität sowie Augenbewegungen gemessen werden.
Eine Funktion, die besonders verlockend erscheint und Teil fast aller Sleep Tracker ist, ist der sogenannte Smart Alarm. Dieser weckt den Schlafenden nicht zu einem festen Zeitpunkt, sondern innerhalb einer Zeitspanne: Statt um Punkt 6:30 Uhr klingelt das Handy zwischen 6 Uhr und 6:30 Uhr – und zwar dann, wenn der Schlaf leicht ist. Dadurch kommt man morgens leichter aus dem Bett, versprechen die Entwickler.
Alfred Wiater von der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) sieht die Funktion aber kritisch: «Der beste Start in den Tag ist sicherlich gewährleistet, wenn man ausgeschlafen von alleine aufwacht.» Wer so oder so aufstehen muss, wenn der Wecker klingelt, treffe mit dem Smart Alarm auf jeden Fall eine gute Entscheidung: «Sleep Tracker können auf jeden Fall mehr als nur Placebo.» Trotzdem seien sie oft ungenau und könnten deshalb Schlafstörungen teils sogar begünstigen statt ihnen entgegenzuwirken.
Julia Struck hat zudem datenschutzrechtliche Bedenken: «Wer Sleep-Tracker am Smartphone benutzt, sollte sich bewusst sein, dass die Daten gesammelt werden. Die App weiß, wie viel man sich bewegt und wie lange man schläft.» Was später genau mit den Daten geschieht, sei nicht bekannt. «Die Anbieter sichern sich aber oft umfassende Rechte an ihnen.» Um alle Funktionen der Apps nutzen zu können, muss man sich häufig registrieren und neben einer E-Mail-Adresse Geburtsdatum, Geschlecht sowie seinen Namen angeben.
Sleep-Tracker können also helfen, das eigene Schlafverhalten kennenzulernen und für einen erholsamen Schlaf sensibilisieren. Das gilt aber nur für Gesunde. Wer chronische Schlafprobleme hat, findet in Apps keinen Ersatz für eine ärztliche Behandlung, betont Prof. Fietze: «Dauerhaft gestörter Schlaf braucht den Schlafexperten.»
Datenschutz-Problematik bei Gesundheits-Apps
Dass Gesundheits-Apps datenschutzrechtliche Anforderungen häufig nicht einhalten, ist auch ein Ergebnis einer vom Bundesgesundheitsministerium geförderten Studie der Medizinischen Hochschule Hannover. Bei der Datenschutzerklärung und der Einholung von Einwilligungen durch die Nutzer fehlt es demnach oft an Transparenz. Auch problematisch: Soweit Daten im Ausland gespeichert werden, ist die Nutzung nicht dem deutschen Datenschutzrecht unterworfen.
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(dpa/tmn)