Sind Galaxy Fold, Moto Razr und Co. die Zukunft?
Berlin/London – Zusammenklappen, einstecken. Das war um die Jahrtausendwende beliebter Standard bei Mobiltelefonen. Diverse Nokias, Siemens- und Samsungmodelle kamen auf den Markt. Am bekanntesten sind wohl Motorolas Star Tac und besonders das ikonische Moto Razr. Spätestens seit dem ersten iPhone 2007 verschwand das Klapptelefon in der Nische und existierte fortan überwiegend als Billiggerät. Doch die Zeichen für eine Rückkehr mehren sich.
Samsung und Royole haben eins, Huawei hat jetzt eins und sogar das Moto Razr soll 2020 wieder auf den Markt kommen. Allen Geräten ist eines gemein: Sie sind Smartphones und lassen sich zusammenklappen. Doch statt zwei Telefonhälften, eine mit Tastenfeld, die andere mit Display, wird hier das Touchdisplay in der Mitte zusammengefaltet.
Stecken wir also bald alle wieder unsere zusammengefalteten Telefone in die Tasche? Francisco Geronimo ist da verhalten optimistisch. «Es ist noch nicht perfekt», sagt der Analyst beim Marktforscher IDC über das Konzept des faltbaren Smartphones. Doch das Foldable, wie es im Englischen genannt wird, löst ein Problem – oder eine Herausforderung der Branche.
Displays wachsen und stoßen dabei an Grenzen
«Mehr und mehr Menschen kaufen größere Smartphones», sagt Geronimo. Sie wollen größere Displays, um mehr Inhalte zu konsumieren oder herzustellen. Die Hersteller reagieren seit Jahren darauf. Beispiel iPhone: Das erste Gerät von 2007 kam noch mit 3,5 Zoll Displaygröße, das Display des heutigen Spitzenmodells iPhone 11 Pro Max misst diagonal 6,5 Zoll.
Damit die Geräte nicht endlos groß werden, schrauben die Hersteller seit Jahren an technischen Details, packen immer mehr Display in immer kleinere Rahmen, verstecken Lautsprecher hinter dem Displayglas und Frontkameras in ausfahrbaren Modulen oder Displayeinbuchtungen. Doch dieses Konzept ist nun am Ende angelangt und die Lösung, sagt Analyst Geronimo, sind Foldables. «Sie können ein viel größeres Display in einem halb so großen Telefon haben», erklärt er.
Das Interesse an faltbaren Smartphones ist groß. Drei von vier Befragten (74 Prozent) einer Deloitte-Studie im Auftrag des Branchenverbandes Bitkom haben bereits davon gehört. Jeder siebte könnte sich den Kauf eines solchen Geräts auch vorstellen.
Erste Modelle gibt es schon – zu hohen Preisen
Aktuell ist das aber noch ein kostspieliges Vergnügen, wie ein Blick auf den Markt zeigt. Samsungs Galaxy Fold mit 7,3 Zoll großem Bildschirm, diversen Kameras und 5G-Funk kostet derzeit rund 2100 Euro. Nach anfänglichen Technikproblemen ist das Gerät nun in einer verbesserten Ausführung lieferbar. Konkurrent LG geht mit dem G8 ThinkQ Dual Screen einen anderen Weg. Das Gerät kostet zwar «nur» rund 1000 Euro, setzt dafür aber auf zwei Einzelbildschirme zum Zusammenklappen.
Wann Huaweis Mate X auf den europäischen Markt kommt, ist derzeit noch nicht ganz klar. In China wird das Display zum Zusammenfalten für rund 2160 Euro gehandelt. Anders als bei Samsungs Fold liegen die Displaypixel hier im zusammengeklappten Zustand außen.
Nicht ganz so viel soll Motorolas Neuauflage des Moto Razr kosten. Das Gerät hat auch sonst nicht den Spitzentechnologieanspruch von Huawei und Samsung, sondern wird eher als Lifestyleprodukt vermarktet. Mit 6,9 Millimetern ist es erstaunlich flach, die Leistungsdaten sind eher im Mittelfeld. Dafür sorgt ein ausgefeilter Klappmechanismus für spaltfreies Zusammenfalten. 1600 Euro soll dieses erste Klapp-Smartphone kosten – wenn es irgendwann in der zweiten Jahreshälfte 2020 auf den Markt kommt.
Ein Falt-Fon ersetzt Smartphone und Tablet
Preise, die vielleicht nicht für die Masse sind, offenbar aber auch nicht abschreckend hoch. Rund eine halbe Million Geräte plant Samsung binnen eines Jahres zu verkaufen. Weltweit gesehen, ist das natürlich nur ein kleiner Anteil an den verkauften Smartphones. Und der Preis mag zwar zunächst hoch erscheinen, ist es aber auf den zweiten Blick vielleicht gar nicht. «Es ist ein Gerät, dass das übliche Paket aus Smartphone und Tablet ersetzen kann», sagt Geronimo. Also ein Gerät statt zwei.
Momentan geht diese Rechnung aber noch nicht ganz auf: Zum Preis eines Galaxy Fold bekommt man Samsungs Spitzenmodell Galaxy Note 10+ 5G (rund 1199 Euro) plus das aktuelle Spitzentablet Galaxy Tab S6 LTE (ab 819 Euro) – und hat noch etwas Geld übrig. Schaut man bei Konkurrent Apple, gibt es hier zum teuersten iPhone 11 Pro Max (1649 Euro) noch ein iPad (rund 480 Euro) hinzu.
Diese Geräte sind für ihre jeweiligen Zwecke besser geeignet und müssen sich auch nicht verstecken. Der Hinguckfaktor Falt-Fon ist natürlich dahin. Wenn die Preise allerdings – wie üblich bei neuer Technik – mit der Zeit fallen, werden sich auch neue Käuferschichten für Foldables öffnen, sagt Geronimo voraus.
In zwei bis drei Jahren werden Falt-Smartphones auch unter normalen Nutzern außerhalb des Business-Bereichs an Fahrt aufnehmen. Dazu trägt laut Geronimo auch verbesserte Technik aufgrund von Nutzererfahrung bei. «Das Galaxy Fold ist noch ein etwas sperriges Design», sagt er. «Stellen Sie sich ein viel dünneres Gerät vor.» Insgesamt sei er sehr optimistisch, was die Zukunft der Foldables angehe. «Wir werden in den kommenden Jahren in diesem Bereich viel Entwicklung sehen.»
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(dpa/tmn)