Von Janosch bis Rennauto: Kinder-Apps für Mobile Geräte
Berlin (dpa/tmn) – Ein Schwung Bauklötze und eine Horde Kuscheltiere: So sahen Kinderzimmer früher aus. Heute finden dort auch Smartphone und Tablet Platz. Programme zum Spielen und Lernen gibt es inzwischen schon für Dreijährige. Und immer öfter werden Bücher oder Brettspiele mit Apps kombiniert.
Auf Spielzeug- und Spielemessen wurden in den vergangenen Jahren immer reichlich neue digitale Ideen präsentiert. Inzwischen ist der Neuheitenstrom aber etwas abgeebbt, sagt Experte Thomas Feibel. «Die Vielfalt im App-Angebot ist zurzeit ein Wahnsinn, da stellt sich langsam eine Ermüdung ein», sagt Feibel, der mit seinem Büro für Kindermedien den Deutschen Kindersoftwarepreis Tommi veranstaltet. «Auch die Zeiten der ganz großen Innovationen sind vorbei.»
Was auch daran liegen mag, das scheinbar alles schon erfunden ist. So gibt es inzwischen zum Beispiel Kinderbücher wie die «LeYo!»-Reihe von Carlsen, in der junge Leser mit der Smartphone-Kamera auf die Suche nach versteckten Inhalten und kleinen Überraschungen gehen. Augmented Reality nennen Experten diese Technologie. Auch Brettspiele sind längst aufs Smartphone gewandert. Und etwas Ältere steuern mit Elektro-Spielzeug wie «Anki Overdrive» sogar Rennautos per App.
Gerade solche Ideen sind zurzeit sehr populär, sagt Thomas Feibel – nicht nur mit Rennautos, sondern etwa auch mit Drohnen. «Das sind oft geniale Sachen, allerdings oft auch sehr teuer», so der Experte. Deutlich günstiger oder sogar kostenlos sind dagegen Kinder-Apps ohne Zubehör. Das Problem hier ist eher die Breite des Angebots.
«Eine gute App auf gut Glück zu finden, ist sehr schwierig. Da muss man schon ein bisschen gucken und recherchieren», sagt Martina Holler. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Felicitas Haas stellt sie auf ihrem Blog
«Ene Mene Mobile» gelungene Apps für Kinder und Jugendliche vor. Denn auf die Empfehlungen von App Store, Google Play und Co können sich Eltern nur begrenzt verlassen, findet Holler. Die App-Store-Empfehlungen etwa seien zwar besser geworden: «Da werden aber noch immer zu wenig oder immer die gleichen Apps empfohlen.»
Was schade ist angesichts der gigantischen Vielfalt. «Es gibt Apps zum Spielen und zum Lernen, es gibt Rätsel- und Wimmelbuch-Apps oder Kinderbuchklassiker», zählt Holler auf. Gerade bei den
Apps für Kleinere lassen sich Spiele dabei kaum von Lern-Apps oder virtuellen Bilderbüchern trennen. Die digitale Version des Janosch-Klassikers «Oh, wie schön ist Panama» enthält zum Beispiel auch ein paar kleine Spiele, das App-Sachbuch «Das ist mein Körper» kommt sehr spielerisch daher. Und das Memory-Spiel «Flip Flip mit Bato» schult nicht nur das Gedächtnis, sondern im Geräusche-Modus auch das Ohr.
«Zu einer guten App gehört zum Beispiel, dass sie die technischen Möglichkeiten eines Tablets oder eines Smartphones nutzt», findet Holler. «Das ist dann für die Kinder auch lustiger oder cooler, und dann haben sie mehr Lust, sich damit zu beschäftigen.» Sehr knappe oder schlecht übersetzte App-Beschreibungen ohne Vorschauvideo oder -bilder sind dagegen kein gutes Zeichen.
Natürlich sollten Eltern auch darauf achten, dass Apps ihre Kinder nicht mit Werbung oder In-App-Käufen bombardieren. «Gerade Gratis-Apps finanzieren sich aber oft so», sagt Holler. Ein Grund, warum die Expertin eher zu Bezahl-Apps rät: «Es gibt zwar auch gute Gratis-Apps, aber kostenpflichtige Apps sind oft besser.» In Unkosten stürzen müsse sich dafür niemand: Sechs Euro seien für die allermeisten Kinder-Apps schon die höchste Preisklasse.
Grundsätzlich sollten Kinder unter drei Jahren noch keine mobilen Geräte mit Apps nutzen, rät die Initiative
«Schau hin! Was dein Kind mit Medien macht». Wichtiger sei in dem Alter noch, die reale Welt zu erkunden. Danach spricht erst einmal nichts gegen ein paar virtuelle Abenteuer – allerdings nur gemeinsam mit Mama oder Papa und nicht länger als 30 Minuten pro Tag. Später können Eltern ihren Kindern die Geräte auch länger und alleine überlassen. Vorher aktiviert man aber am besten gängige Kindersicherungen und Jugendschutz-Einstellungen.
Mobilgeräte fördern Kreativität und Medienkompetenz
Und wenn Kinder noch älter werden, eröffnen ihnen Smartphone und Tablet sogar Möglichkeiten weit über das bloße Spielen, Zugucken und Zuhören hinaus: «Am spannendsten sind Apps für Kinder für mich, wenn das Smartphone oder Tablet dadurch zum Gestaltungsmedium wird», sagt Feibel. «Wenn ich damit also eigene Musik, Comics, E-Books, Videos oder Filmtrailer erstellen kann.»
Interessant seien solche Kreativ-Apps etwa ab einem Alter von acht Jahren, so der Experte, der selbst regelmäßig Seminare mit Schülern gibt. «Da kommen solche Apps und Möglichkeiten sehr gut an.» Und damit nicht genug: Solche Apps können sogar ein Weg sein, spielerisch die Medienkompetenz der jungen Nutzer zu schulen, sagt Feibel. «Auf einem solchen Weg sind Schüler dann sogar an Themen wie Datenschutz oder Urheberrecht interessiert.»
Fotocredits: Werbedesign Soyka,Initiative Schau hin!,OTAATA,Urbn Pockets,anki.com
(dpa)