Wem kann man vertrauen? – «Life ist Strange 2» im Test
Berlin – «Life is Strange» war 2015 ein Überraschungserfolg. Das Episodenspiel mit handgezeichneten Bildern und tiefgründigen Charakteren kam bei Spielern gut an. Jetzt ist die zweite Episode des Nachfolgers «Life is Strange 2» erschienen.
«Life is Strange 2» (LiS) erzählt die Geschichte der Brüder Sean (16) und Daniel (9) Diaz. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände kommt es vor deren Elternhaus zu einem Vorfall. Der Vater der Brüder wird von einem Polizisten erschossen, der daraufhin durch eine mysteriöse Druckwelle selbst ums Leben kommt. Die beiden Brüder flüchten Hals über Kopf aus ihrer Heimat, der Stadt Seattle an der US-Westküste. Ihr Ziel: Mexiko, das Heimatland ihres Vaters. Der Beginn eines gefährlichen Road-Trip ins Ungewisse.
Telekinetische Kräfte
Auf ihrer Reise durch einen Nationalpark müssen sich die Brüder in der Natur zurechtfinden und begegnen freundlichen Menschen aber auch selbst ernannten besorgten Bürgern, die die beiden Jungs der Polizei ausliefern wollen. Als ob das nicht schon genügend Probleme wären, bemerken die beiden, dass Daniel über telekinetische Fähigkeiten verfügt – er kann Dinge durch Gedankenkraft bewegen.
Damit keiner dahinterkommt, welche Mächte der kleine Junge entfesseln kann, stellen die Brüder zwei Regeln («Rules») auf: Mit niemandem über die Kräfte reden und die Kräfte nur in absoluten Notfällen benutzen. Man weiß ja nicht, wem man vertrauen kann.
Jede Szene ein kleines Kunstwerk
Die Entwicklungszeit, die Dontnod in
«Life is Strange 2» gesteckt hat, hat dem Spiel sichtlich gut getan. Die Bewegungen der Charaktere sehen flüssig und sehr realistisch aus. Die Darstellung der Umgebung erfolgt immer noch im für die Reihe typischen Grafikstil, der an Aquarellzeichnungen erinnert. Die Detailfülle der Landschaften wurde jedoch erweitert, Licht- und Schatteneffekte sind prächtig anzusehen. Jede Szene ist ein kleines Kunstwerk für sich.
Zwar ist «Life is Strange 2» immer noch ein sehr ruhiges Spiel, doch gönnt es sich nicht mehr die meditativen Momente des Verharrens, in denen die Spielfigur einfach zu einem netten Song in die Weltgeschichte starrt. Diese kurzen Verschnaufpausen bereicherten die vorherigen Teile enorm. Aber die Protagonisten Sean und Daniel sind auf der Flucht – für Müßiggang bleibt da keine Zeit.
Im Hinblick auf die Steuerung gibt es keine wesentlichen Neuerungen. Wie in den vorherigen Teilen können Gegenstände in der Umgebung untersucht werden. Entscheidungen, die sich auf den weiteren Verlauf des Spiels auswirken, können teils länger überdacht werden oder müssen in einem eng abgesteckten Zeitrahmen schnell getroffen werden. Darüber hinaus kann man mit dem übernatürlich begabten Daniel interagieren, so dass dieser Dinge per Gedankenkraft bewegt.
Überflüssige Entscheidungsbewertungen
Interessant sind die Folgen einzelner Entscheidungen. Ohne zu viel vorweg zu nehmen: Am Ende der Episode werden sie in Prozent bewertet und damit indirekt in «richtig» oder «falsch» eingeordnet. Bei einem Erzählspiel, dessen Reiz in der Entscheidungsvielfalt liegen soll, wirkt diese Funktion sehr störend. Besser wäre es, die Entwickler würden die Entscheidungsbewertung bei künftigen Episoden weglassen. So müssten Spieler einfach die Konsequenzen ihrer Wahl tragen.
Musikfans werden im zweiten Teil des LiS-Reihe etwas enttäuscht. Ohne Zweifel ist der Soundtrack, der wie bereits im ersten Teil von der Band Syd Matters beigesteuert wird, stimmhaft. Allerdings fehlt etwas die musikalische Vielfalt. Die Musik von Indierock-Bands wie Mogwai, Daughter oder Broods hatte in den anderen beiden „Life-is-Strange“-Spielen viele Gänsehautmomente erzeugt.
«Life is Strange 2» (ab 12 Jahren) gibt es als Download für PC, Playstation 4 und Xbox One. Der Seasons-Pass mit allen Episoden kostet ab 39,99 Euro.
Fotocredits: Square Enix,Square Enix,Square Enix,Square Enix,Square Enix,Square Enix
(dpa/tmn)