Wie gut sind Bewertungen im Netz?
Düsseldorf – Hotel, Digicam, Waschmaschine: Kunden können im Internet nahezu jedes Produkt bewerten. So viel Transparenz für Verbraucher war nie. Das Problem: So mancher Kommentar in Online-Shops und -Portalen ist gefälscht.
Professionelle Agenturen platzieren Fake-Bewertungen. Und nicht selten schreibt ein verärgerter Kunde absichtlich Negatives. Immerhin lesen fast drei Viertel (72 Prozent) der Online-Shopper vor dem Klick auf «Kaufen» die Rezensionen anderer Kunden, wie eine Umfrage des Digitalverbands
Bitkom in Berlin ergab. Nur 13 Prozent erklärten, Produktbewertungen nicht zu trauen, weil diese von den Anbietern gefälscht würden. Wie also mit den Kommentaren umgehen?
Kann ich mich auf Online-Bewertungen verlassen?
Ja und nein. Generell gilt: Je mehr Rezensionen ein Produkt oder eine Dienstleistung hat, umso besser. «Kunden sollten sich möglichst immer mehrere Bewertungen durchlesen. Je mehr es sind, umso höher ist die Chance, dass das Gesamtbild stimmt», sagt Marie-Teresa Weber, Bereichsleiterin Verbraucherrecht und Medienpolitik beim Bitkom. Georg Tryba von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf erklärt: Bewertungen von Nutzern seien oft gut gemeint, aber begrenzt aussagekräftig. «Jemand findet zum Beispiel eine Digitalkamera gut, aber kann sie nicht professionell und objektiv mit anderen Produkten vergleichen.»
Wie häufig sind Fake-Bewertungen?
Statistiken zufolge sei die überwiegende Zahl der Kommentare nicht gefälscht oder gekauft, sagt Weber. «Aber es gibt keine absolute Sicherheit.» Fake-Kommentare seien ein Problem und ließen sich nicht ganz ausschließen, auch wenn die Portale mit technischen und juristischen Mitteln gegen sie vorgehen.
Woran erkenne ich Fälschungen?
Tauchen mehrere Kommentare mit gleichen oder ähnlichen Formulierungen auf oder stammen sie immer vom selben Nutzer, sei das ein Warnsignal, erklärt Weber. Ebenso wenn Texte sich im Wortlaut von dem unterscheiden, was sonst in den Kommentaren so drinsteht. «Manche Texte hören sich sehr werbend an und sind regelrecht in Schlagworten verfasst», sagt die Bitkom-Expertin. «Das kann ein Hinweis auf einen Fake-Kommentar sein.» Vorsicht sei auch angebracht, wenn Texte Gefühlsausbrüche enthalten. Rechtschreibfehler hingegen seien nicht unbedingt ein Indiz für echte Bewertungen, warnt Tryba: Viele Fakes enthielten absichtlich Rechtschreib- und Grammatikfehler, um authentisch zu wirken.
Wann kann ich von Bewertungen profitieren?
«Wenn ich mehrere Bewertungen lese, vergleiche und den gesunden Menschenverstand einschalte», sagt Weber. «Es sind immer subjektive Beschreibungen eines Dritten, und so muss man an die Sache herangehen.» Ein Vorteil sei, dass man sich einlesen und ein Gefühl dafür bekommen könne, wie andere ein Produkt finden. «Man sollte diese Bewertungen als Orientierungshilfe sehen.» Vor allem bei größeren Ausgaben empfiehlt es sich, mehrere Quellen heranzuziehen.
Tryba meint ebenfalls: Online-Bewertungen können nützen. Aber sie dürften nicht das Hauptkriterium für einen Kauf sein. Erst müsse es einen Bedarf geben: «Wenn ich sage ‚Das brauche ich‘, dann sollte ich mir möglichst neutrale, professionell durchgeführte Tests besorgen.» Positiv sei, dass man durch Rezensionen mitunter auf Dinge hingewiesen werde, an die man sonst nicht gedacht hätte.
Was ist von Programmen wie Amazon Vine zu halten?
Der sogenannte Club der Produkttester nimmt jene auf, die bei Amazon oft und so kommentieren, dass andere es hilfreich finden.
Vine-Mitglieder bekommen von Amazon kostenlos Produkte zum Bewerten, die von den Anbietern an das Programm übergeben wurden. Amazon betont die Unabhängigkeit der Tester. Verbraucherschützer kritisieren hingegen, viele der Kommentare seien zu positiv.
Was muss ich beachten, wenn ich selbst eine Bewertung schreibe?
«Manchmal reicht ein knapper Kommentar völlig aus», sagt die Bitkom-Expertin Weber. In anderen Fällen sei die Bewertung umso informativer, je mehr man schreibt. Nur zu viel sollte es nicht sein: «Das liest dann keiner.» Wichtig sei jedoch, nicht ausfallend zu werden: «Seine schlechte Laune an einem Unternehmen auszulassen, kann – wenn es beleidigend wird – sogar ein juristisches Nachspiel haben.» Auch Verbraucherschützer Tryba mahnt: «Bei Schmähkritik oder falschen Tatsachenbehauptungen drohen rechtliche Probleme.» Sicher sei, wer nur schreibt, was er auch belegen kann. «Meine Meinung zu sagen ist okay. Aber ich sollte sachlich bleiben.»
Fotocredits: Andrea Warnecke,Andrea Warnecke,Andrea Warnecke
(dpa)